Ganz klar: Die großen Internetkonzerne profitieren davon, dass sich seit der Einführung des Kontaktverbotes die Kommunikation zunehmend ins Internet verlagert. Doch dies ist nicht zwangsläufig mit einem ungewollten Verlust an Privatheit verbunden, wie viele befürchten. „Wir können einiges tun um unsere Privatheit zu schützen“, meint Prof. Dr. Sabine Trepte vom Lehrstuhl Medienpsychologie an der Universität Hohenheim in Stuttgart. Sie beschäftigt sich unter anderem damit, welchen Einfluss das Internet auf die Privatheit der Nutzer hat und wie diese bewahrt werden kann.
Dass die großen Internetkonzerne vom erhöhten Datenaufkommen profitieren sieht Prof. Dr. Trepte nicht negativ: „Wenn den Diensteanbietern mehr Nutzerdaten zur Verfügung stehen, dann dient das auch der Verbesserung des Angebots. Entscheidend ist, ob zweckgebunden und nachhaltig mit den Daten umgegangen wird.“
Zudem führe eine erhöhte Nachfrage auch dazu, dass Datenschützer und Journalisten diese Dienste stärker unter die Lupe nehmen. Dies führe oft zur Verbesserung des Angebots: „Nur wenn öffentliche Kritik stattfindet, die Nutzer aktiv partizipieren und ihre Sorgen kommunizieren, passiert was“, sagt Trepte.
Ein paar Beispiel: So habe z. B. der Online-Meeting-Anbieter Zoom erst kürzlich unter dem Druck der Öffentlichkeit die Sicherheit der App für iOS Nutzer optimiert. Bei der App Houseparty wächst derzeit der Druck aufgrund mangelnder Sicherheit und es sei zu hoffen, dass auch hier etwas passieren wird. Auch die verschiedenen Contact Tracing Apps, mit denen festgestellt wird ob jemand mit Covid-19 Infizierten Kontakt hatte, werden öffentlich von allen Seiten beleuchtet. „Wir brauchen diese Debatte für die Weiterentwicklung digitaler Produkte“, sagt Prof. Dr. Trepte.
Bei vielen Nutzern bleibe dennoch die Skepsis, da jede ihrer Handlungen im Internet Datenspuren hinterlässt, die gesammelt und weitergegeben werden können. „Ein gesundes Ausmaß an Besorgnis gegenüber den Anbietern von Internetdiensten ist nicht schlecht. Wenn wir uns Gedanken über etwas machen, führt das zu einer Suche nach Informationen und fördert die Änderungsbereitschaft“, macht Prof. Dr. Trepte deutlich.
Sie empfiehlt deshalb eindringlich, sich zu informieren, bevor man sich für einen Anbieter entscheidet. Information über Datensicherheit sollte Teil der Routine sein, diese Angebote zu nutzen. Denn oft gibt es Alternativen zu den bekannteren Diensten, die genauso gut sind, aber wesentlich verantwortungsvoller mit den Daten ihrer Nutzer umgehen.
Dass die Corona-Maßnahmen viele Arbeitnehmer in die Heimarbeit versetzte, habe außerdem auch dazu geführt, dass die Grenze zwischen beruflich und privat zunehmend verschwimmt. „Menschen im Homeoffice sehen sich oft gezwungen, private Computer, Internetzugänge und E-Mail-Accounts zu nutzen“, weiß Prof. Dr. Trepte. Viele machten sich Sorgen darüber, dass auf diese Weise private Informationen in das berufliche Umfeld gelangen könnten.
Dabei könne jeder Einzelne sich und seine Daten so gut wie möglich schützen: „Ein ganz entscheidender Punkt sowohl für Datensicherheit als auch für das Privatheitsempfinden ist die Trennung von beruflich und privat.“ Auch wenn sich für berufliche und private Zwecke keine unterschiedlichen Geräte verwenden lassen, sollte man eine gewisse Routine entwickeln, um beide Bereiche sauber voneinander zu trennen. Dazu gehören z. B. unterschiedliche E-Mail-Accounts für berufliche und private Belange. Diese sollten zudem nicht gleichzeitig geöffnet sein. Am Ende jeder Sitzung gilt: aus dem jeweiligen E-Mail-Dienst ausloggen.
Vor allem die Zahl der Videokonferenzen (Skype, Zoom, Teams) ist seit Einführung der Corona-Maßnahmen sprunghaft angestiegen. Dadurch gewähren die Menschen zunehmend Einblick in ihre Privatheit : „Am Bildschirm können wir unser Gesicht, unsere Emotionen zeigen und das ist gerade in der jetzigen Krise ein wichtiges Signal der Menschlichkeit“, ist Prof. Dr. Trepte überzeugt.
Die weltweite Corona-Pandemie hat bereits jetzt einschneidende Folgen: der Bildungssektor, die Wirtschaft, die Arbeitswelt allgemein, aber auch das menschliche Miteinander werden voraussichtlich auch nach der Krise anders sein als vorher. Um damit sinnvoll umgehen zu können, sind sowohl in der Krise selbst als auch für die Zeit danach wissenschaftliche Fakten wichtiger denn je. Expertinnen und Experten der Universität Hohenheim informieren über die verschiedenen Aspekte der Corona-Krise und ihre Folgen. Ergebnisse und Experten: www.uni-hohenheim.de/expertenliste-corona-krise.
Quelle: Universität Hohenheim
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